Zeiler Baudenkmäler

Speiersgasse 10

  • Speiersgasse 10

    Speiersgasse 10

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    "1583" auf dem mittleren Bundpfosten

  • Speiersgasse 10

    Westliche Giebelseite. Links unter der Dachtraufe das Datum der Renovierung (1974)

Brech

Der ehemalige Ackerbürgerhof, ein Sattedachhaus, traufständig zur Speiersgasse mit offener Giebelseite nach Westen, ist durch eine Gravur im Fachwerk mit dem Jahr 1583 bezeichnet. Das Erdgeschoss ist - wie meist in Zeil - massiv und verputzt, das Obergeschoss in Fachwerkbauweise ausgeführt. Der Wissenschaftler Gutbier (s. wissenschaftlichen Text unten) vermutet den gleichen Zimmermann wie beim Haus Speiersgasse 3 (auch die Bauzeit ist nahezu identisch), obwohl beim vorliegenden Haus das Fachwerk wesentlich einfacher gehalten ist, u.a. mit schlichten Andreaskreuzen im Brüstungsfeld (unterhalb der oberen Fensterreihe). An der Giebelseite weist es K-Streben auf. Die heute rechteckigen Tor- und Haustüreinfassungen sind neueren Datums und waren ursprünglich rundbogig. Von 1844 bis 1958 gehörte das Haus der Familie Silbermann (bzw. deren Erben) und wurde wohl deshalb auch als "Judenhof" bezeichnet. Außerdem liegt das Haus in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen jüdischen Gebetshaus, der sog. "Synagoge".

Aus "Das Bürgerhaus im östlichen Unterfranken":

Es handelt sich um ein zweigeschossiges traufenständiges Haus mit Fachwerkoberstock. Am Ostende führt eine Durchfahrt zum Hof, westlich daneben liegt die Haustür. Wahrscheinlich waren beide ursprünglich rund bogig geschlossen, die heutigen waagerechten Stürze sind, wie auch die entsprechenden Fenstereinfassungen, modern.

Das Fachwerk ist relativ einfach. Die Bundpfosten der Vorderwand sind nur durch Kopfbänder verstrebt, die oberhalb des Brüstungsriegels beginnen. In den mittleren Bundpfosten ist die Jahreszahl "1583" eingeschnitzt. Der Brüstungszierrat besteht aus verschiedenartigen Gruppen von Andreaskreuzen. Die Fenster saßen ursprünglich sicher zwischen Brust- und Halsriegel, heute sind sie nach oben erweitert und mit eigenen Sturzriegeln versehen. Der freistehende Westgiebel und die Hausrückseite haben hingegen Fachwerk, dessen Bundpfosten durch verzapfte Kreuzstrehen gesichert sind.

...

Das 1583 erbaute Haus ist wohl das erste datierte Beispiel eines Haustyps, der später in Zeil häufiger vorkommt. Charakteristisch für ihn ist, daß der Hauseingang nicht in, sondern neben der Einfahrt liegt. Beispiele kommen bis ins 18. Jahrhundert vor. Konstruktiv ist das Haus sehr gut mit Lange Gasse 3 nach dem Umbau von 1581 zu vergleichen. Verwandt sind der vierteilige, aber im einzelnen kleinräumige Keller, der Wechsel zwischen Bundpfosten mit Kopfstreben und solchen mit verzapften Kreuzstreben sowie die Plazierung der Jahreszahl im Kopf eines zentralen Bundpfostens. Daß in der Brüstung statt genaster Feuerböcke die altertümlicheren Andreaskreuze als Zierformen verwendet werden, dürfte als Vereinfachung anzusehen sein.

Bauherr und Zimmermann sind leider nicht bekannt, vermutlich war der Zimmermann derselbe wie beim Haus Lange Gasse 3.

Ähnliche Fachwerkkonstruktionen kommen auch in Karlstadt und Bamberg vor; die spätesten Karlstadter Beispiele entstanden im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts, also etwa zeitgleich mit den Zeiler Beispielen.

(Quelle: BOU)